Baumaterial aus den Trümmern

Wie es weitergehen wird, wissen die meisten Opfer der Flutkatastrophe vom 26. Dezember noch nicht so genau. Aber dass es weitergeht, weitergehen muss, irgendwie - diese Einstellung setzt sich bei immer mehr Überlebenden durch.

SRI LANKA. Derzeit sind die meisten Überlebenden der Flutkatastrophe in Batticaloa im Osten Sri Lankas noch in einem der zahlreichen Camps in der Stadt oder bei Verwandten in den nicht betroffenen Gebieten untergebracht. Einige, deren Häuser weniger zerstört sind, haben ihre Zelte, die sie von den Hilfsorganisationen erhalten haben, direkt neben ihren Häusern aufgeschlagen.

Während das Fischerdorf direkt am Meer ausgelöscht und der Strand menschenleer ist, setzt in der „zweiten Reihe“ immer mehr Betriebsamkeit ein. Die weiße Fahne als Zeichen, dass jemand gestorben ist, weht noch an vielen Stellen. Trotzdem ist an immer mehr Stellen das Klopfen von Hammer und Meißel zu hören.

Die Menschen im Stadtteil Kallady haben mit den Aufräumarbeiten an ihren Grundstücken begonnen. In den Trümmern suchen sie nach Baumaterial. Mauerreste werden klein geschlagen, die wertvollen Eisenteile - sofern überhaupt vorhanden - freigelegt. Noch brauchbare Steine werden aufgeschichtet für einen Neuanfang.

Im Auftrag von Unicef ist ein Trupp unterwegs, der Unrat einsammelt und wegkarrt. An manchen Ecken des zerstörten Viertels ziehen Essensgerüche durch die Luft. Frauen haben notdürftige Kochstellen eingerichtet. An einer anderen Stelle sind die Männer dabei, ein kleines Haus wieder aufzubauen. Auch die Brunnen, die nicht völlig zerstört sind, werden nach und nach wieder in Stand gesetzt.

Brunnen werden in Gang gesetzt

Ein Trupp der französischen Hilfsorganisation „Action contre la faim“ ist unterwegs. Zuerst wird das stark verunreinigte Wasser (die Menschen sagen, dass davon die Augen zukleben und die Haare ausfallen) abgepumpt, bis wieder frischer Zufluss in den Brunnen kommt. Chlor wird zugesetzt. Die Dosierung - ein kräftiger Schuss aus der Flasche - würde jedem deutschen Wassertechniker die Haare zu Berge stehen lassen. Den Menschen in Kallady hilft es aber, die Brunnen wieder in Gang zu setzen.

Vielen Tsunami-Opfern ist von ihrem Hab und Gut nichts geblieben. Mit dem, was sie am Leib trugen, konnten sie sich retten. Ihr Lebensmut, so scheint es, hat viele aber trotz der Schrecken, trotz des allgegenwärtigen Leids und der Not nicht verlassen. In vergrämte Gesichter blickt man in Kallady nicht, ihr Lächeln tragen die Menschen noch - oder wieder - im Gesicht. Fremden, die durch das Gebiet kommen, begegnen sie mit der für die Sri Lanker typischen Freundlichkeit. Sie erzählen ihre Tsunami-Geschichte. Und auch, dass ihre Situation und die Perspektiven alles andere als rosig sind. Allerdings: Offen die Hand aufhalten und Forderungen stellen - das ist nicht ihr Ding. Nicht an die Regierung und nicht an die ausländischen Helfer. Das Leben geht weiter - irgendwie.

(Ramona Hammes)

[ nach oben ] [ zurück ]


Druckbare Version

Abends hält der Trupp seinen "Kriegsrat"
Gott ist ein Massenmörder